Generation Tinder
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Lifestyle Single – Der neue Trend?
Was macht das Single-Sein besonders attraktiv? Statistisch gesehen liegt es im Trend Single zu sein. Als Single bietet sich dir die Möglichkeit dein Leben voll und ganz bzw. in allen Zügen zu genießen! Du kannst dich austoben, hast mehr Zeit für dich und deine persönlichen Ziele, du kannst an jeder Party teilhaben, ohne Kompromisse eingehen zu müssen.
Die Anonymität der digital vernetzen Großstädte bietet Frauen die Möglichkeit, viele neue Männer unverbindlich auf Dates kennenzulernen, ohne sozial um ihren Ruf fürchten zu müssen. So haben viele Singles mehrere Handynummern von potentiellen Partnern, die sie sich auf Whatsapp für ,,schlechtere“ Zeiten offen halten. Ein emojii-Smilie hier, ein Selfie dort und noch ein Bild vom Essen, dann noch allen gute Nacht wünschen und schon führen Menschen emotional abgestumpfte und unverbindliche Verhältnisse über ihr Smartphone.
Laut der Soziologin Austin und renommierten Glücksforschern der niederländischen Universität von Rotterdam sind Alleinstehende nicht nur gesünder, sondern auch glücklicher als Verheiratete.
Außerdem gibt es mehr Singles in Großstädten als in kleinen Dörfern, oder auf dem Land. Was der alleinstehenden Landbevölkerung, bei der sich das Online Dating schleppender durchsetzt, aufgrund von mangelnder Auswahl, auch nicht hilft (siehe: Partnersuche auf dem Land).
Für Alleinstehende gibt heute spezielle Single-Magazine und zahlreiche Speed Dating Events. Schließlich handelt es sich um einen stabilen, enorm wachsenden und zukunftsträchtigen Markt, da sich die Zahl der Singles, trotz der neuen Technologie, in Zukunft voraussichtlich nicht verringern wird. (Siehe: So wird die Liebe in der Zukunft).
Folglich verbringen immer Menschen in Deutschland mehr Jahre ihres Lebens als Single als in einer festen Beziehung und die Prioritäten im Leben wandelten sich über die Jahre. Wo früher nach dem Studium und festem Arbeitsplatz eine Hochzeit folgte, probieren die meisten Jugendlichen heute neue Wege aus und leben ihr Leben in vollen Zügen – ohne sich gleich langfristig an einen Partner zu binden.
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Die Single Industrie samt Datingportalen boomt
Der emeritierte Persönlichkeitspsychologe Prof. Jens Asendorpf der Berliner Humboldt Universität führte ein Experiment zum Speed Dating durch, in welchem er 384 heterosexuellen Singles zwischen 18-54 Jahren zum Speed Dating einlud. Hier saßen sich immer 12 Männer mit 12 Frauen 3 Minuten lang gegenüber und führten ihr zügiges Kennenlernen durch. Anschließend wurde bei gegenseitigem Interesse an der jeweiligen Person die E-Mail Adressen zum weiterführenden Kontakt ausgetauscht.
Nach 6 Wochen und nach einem Jahr wurden die Singles befragt, was sich aus dem ersten Date ergab. Noch vor dem großen Speed Dating wurde ein psychologischer Persönlichkeitstest mit den Probanden durchgeführt. Der Forscher erfasste zudem den Bildungsstand, das Einkommen, die Anzahl der vorherigen Sexpartner, die Attraktivität des Gesichts, sowie der Stimme und den Testosteron- und Östrogen-Gehalt.
Das Ergebnis war verblüffend: Insgesamt stellte für beide Geschlechter die Attraktivität der Stimme ein bedeutendes Kriterium der Partnerwahl dar. Frauen bevorzugten laut der Studie erfahrene und eher größere Männer, wohingegen für Männer die Größe und sexuelle Erfahrung der Frau keine bedeutende Rolle spielte. Für Männer hatte die Gesichtsattraktivität der Frau eine besonders große Bedeutung. Auch bevorzugten die Männer eher dünnere Frauen.
Die jüngeren Probanden stellten sich als die wählerischere Generation heraus, wobei Frauen insgesamt wählerischer waren als Männer. Letztendlich tauschten nach dem Speed Dating 68% der Singles E-Mails aus, 40 % telefonierten und 39% trafen sich auf ein weiteres Date. Hieraus ergaben sich allerdings nur bei 4,5 % Beziehungen und bei 6% erschloss sich eine rein sexuelle Affäre.
Somit lässt sich herausstellen, dass durch das Speed Dating knapp 5% der Singles geholfen werden konnte eine feste Beziehung einzugehen.
So ist in der Generation Tinder das Alleinsein in Deutschland zum festen Bestandteil des Lebens geworden, da die Scheidungs- und Singlerate kontinuierlich ansteigen. Jeder Fünfte in Deutschland ist Single. In absoluten Zahlen sind das mittlerweile 16 Millionen Singlehaushalte in Deutschland, also rund 20% der Bevölkerung, wohingegen die Anzahl der Alleinstehenden vor 20 Jahren laut dem Statistischen Bundesamt nur 11,4 Millionen betrug, was gerade mal 13% ausmachte.
Es wird zudem davon ausgegangen, dass die Zahl der Singles bis zum Jahre 2030 so hoch ansteigen wird, dass fast ein Viertel in Deutschland allein sein wird! Entsteht hierbei ein neuer Trend, der dazu führt immer mehr Alleinstehende von einer festen Beziehung abzubringen?
Gestiegene Ansprüche der Singles
Der zweite Grund, der dazu beiträgt, dass es zum heutigen Zeitpunkt Singles schwerer fällt eine feste Beziehung einzugehen, ist noch gravierender. Die Ansprüche an einen Partner sind im Vergleich zu früher enorm gestiegen. Der Traummann sollte genügend Geld verdienen, am besten einen akademischen Grad aufweisen, optisch wie Brad Pitt oder George Clooney aussehen, ein wahrer Romantiker sein und uns jeden Wunsch von den Lippen ablesen, ein Gentlemen sein, der uns wirklich liebt und uns wie eine Prinzessin behandelt, zudem sollte er kinderlieb sein usw. (du merkst schon – die Liste ist lang!)
Aber wieso reicht es dir nicht, wenn dein Partner einen einfachen Beruf ausgeübt hat, das nötige Geld hat und nicht all zu hübsch ist? Kann es sein, dass es dir dann etwas unangenehmer ist, ihm deinen Freundinnen und deiner Familie vorzustellen?
Der perfekte Partner als soziales Statussymbol
Schließlich ist er kein 6er im Lotto und auch sein Werdegang lässt noch Luft nach oben. Heutzutage reicht es eben nicht aus, wenn unser Partner sich um uns kümmert und für uns da ist, wenn es uns nicht gut geht.
Die meisten Frauen suchen nach einem Mann, der zusätzlich intelligent und äußerst attraktiv ist, damit sie vor ihren Freundinnen angeben kann einen so tollen Mann gefunden zu haben. Besonders toll wäre es bestimmt auch, wenn er ein coolen Wagen fährt, mit dem er dich abholt und nach Hause fährt. Wieso solltest du eine Beziehung mit jemandem eingehen, der deine Sehnsüchte und sozialen Bedürfnisse nicht erfüllt?
Viele streben also nach Jemand besserem, gar nicht für die eigene Erfüllung, sondern primär, um vor Anderen zu glänzen. Die Suche nach dieser Lichtgestalt wird erschwert sich, wenn der suchende Single selbst nicht glücklich ist. Also quasi nach Jemand anderem sucht, um selbst glücklich zu werden. Sind beide Partner nicht auch allein zufrieden ist es so als würden sich zwei Bettler gegenseitig in die Tasche greifen. Liebe ist angenehmer zu finden, wenn man selbst in sich mehr als genug davon hat und seinen Partner so emotional bereichern kann.
Wenn die hübsche Michaela als Karrierefrau erheblich mehr verdient, wieso sollte sie sie sich mit einem mittelmäßig gut aussehenden Michel zufrieden geben, der sich kein Auto, geschweige denn einen Urlaub im Ausland leisten kann? Somit warten die meisten Deutschen Michaelas lieber auf den richtigen, der die zahlreichen Wunsch-Kriterien an ihren Traumpartner erfüllt.
Der soziale Freiraum bei der Partnerwahl entlastet viele Singles und nimmt ihnen den Druck, denn ganz früher bestimmten noch die Eltern (mit), welcher Partner für dich richtig und geeignet ist. Heute ist es akzeptierter allein zu sein und Eltern haben ihr Mitspracherecht bei der Partnerwahl weitestgehend verloren.
Weiter geht es in Teil 3:
Warum die Smartphone-Kultur ein Wisch ins Leere ist
Quellen:
Abendblatt.de vom 14. September 2011
Persoenlichkeits-blog.de vom 03. November 2010
Spiegel.de vom 10. Oktober 2010
Ssoar.info vom Jahre 2003