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Verkrampfte Dates: Was wir von Loriot übers Flirten lernen können

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„Wissen Sie Hildegard, dass wir uns jetzt fast ein Jahr kennen? Und dass wir heute schon zum zweiten Mal zusammen essen?“ So beginnt einer der bekanntesten Sketche von Loriot, der mit der Nudel.

Loriot, bürgerlich Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow (* 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel; † 22. August 2011 in Ammerland am Starnberger See) etablierte sich von den 1950er Jahren an bis zu seinem Tod in Literatur, Fernsehen, Theater und Film als einer der vielseitigsten deutschen Humoristen.

Vom Date des Humoristen Loriot lernen

Es lohnt sich, seinen Versuch, Hildegard (Evelyn Hamann) für sich zu gewinnen, einmal
unter einer besonderen Fragestellung anzuschauen: Was können wir von Loriots Flirt-Fehlern lernen?

Denn der Kulturwissenschaftler Rainer Stollmann weist in einem Interview mit der Zeitung
DIE ZEIT darauf hin, dass Loriot mit seinem Humor stets nah am Leben war. „Wir lachen
dann nicht über die Figur, denn genau wie sie würden auch wir uns in dieser Situation
überfordert fühlen. Wir lachen mit ihr über uns selbst.“
Machen wir uns also bewusst, was auch wir alles falsch machen können.
Flirt-Fehler Nummer 1
Es hat viel zu lange gedauert, bis Loriot seiner Angebeteten gesteht, dass er etwas von
ihr will. Das sagt er ihr zu Beginn auch noch selbst.
Flirt-Fehler Nummer 2
Auch jetzt kommt er nicht auf den Punkt sondern nimmt Anlauf wie auf einer
Skisprungschanze: „Hildegard ich möchte Ihnen heute etwas sagen. Ich möchte Ihnen
sagen, dass ich, … dass ich mehr als bloße Sympathie für Sie empfinde, mehr als
Freundschaft.“
Er könnte einfach sagen: „Ich finde, Sie sind eine tolle Frau. Das habe ich von Anfang an
gespürt.“
Flirt-Fehler Nummer 3
Das Arrangement ist schlecht gewählt. Die Umgebung lenkt ab, das umständliche
Geständnis am Ende eines Essen ist nicht zielführend. Besser wäre ein Drink in einer Bar.
Diese ersten Fehler zeigen, dass er nicht in der Lage ist, sein Ziel direkt anzusteuern.
Flirt-Fehler Nummer 4
Nach seinem Geständnis hört er auf sie anzusehen, hält die Augen geschlossen, richtet
den Blick zum Himmel oder schaut an ihr vorbei, völlig darauf konzentriert, die Worte zu
finden, die er sich zurechtgelegt hat.
Dabei wäre wichtiger wie er etwas sagt, als was er sagt. Denn wir nehmen, wenn auch
teils unbewusst, stets mit allen Sinnen wahr.
Flirt-Fehler Nummer 5
Er stellt keine einzige Frage, damit bekommt er kein Feedback zu der grotesken Situation,
hat keine Chance seinen blinden Fleck zu erkennen, den Hildegard und dann auch der
Kellner sehen, die Nudel in seinem Gesicht.
Flirt-Fehler Nummer 6
Er reisst die Führung des Gespräches an sich, ohne sich auch nur einmal zu
vergewissern, was von seinem Redeschwall überhaupt bei ihr ankommt.
Nachdem die Nudel in seinem Gesicht aufgetaucht ist kann Hildegard nicht aufhören, ihn fassungslos
anzustarren. Das bekommt er jedoch überhaupt nicht mit.
Ihr Versuch, ihn auf seinMissgeschick aufmerksam zu machen, wird von ihm ignoriert,
denn er ist völlig auf sich
selbst fixiert. Ab hier wird es grotesk:
„Und ich…“
„Sie haben …“
„Nein, sagen Sie noch nichts. Es gibt Augenblicke im Leben, wo die Sprache versagt, wo
ein Blick mehr bedeutet als viele Worte.“
Sie haben…“
Vielleicht fühlen sie was ich meine. Hildegard…
„Sie haben da was am Mund.“
Endlich ist es gesagt.
Flirt-Fehler Nummer 7
Denn wenn sie etwas sagen will, unterbricht er sie ständig und macht damit deutlich, wie
er künftig mit ihr umgehen wird, würde sich sich auf ihn einlassen.
Flirt-Fehler Nummer 8
Erst nach ihrem Hinweis schaut er sie wieder an, reinigt sich mit der Serviette, doch ab
hier beginnt die Wanderung der Nudel, während er Hildegard weiter totredet. Damit
zerstört er bei ihr jede Motivation, auf seine Worte zu achten. Sie haucht lediglich
zweimal kurz „ja“. Aber einfach nur, um etwas zu sagen.
Flirt-Fehler Nummer 9
Statt anzuerkennen, dass er bei ihr nicht landen kann, dreht er weiter auf und
beweihräuchert sich selbst: „Warum übernehme ich denn in zwei Wochen die
Einkaufsabteilung? . . . Weil ich eine saubere Weste habe . . . weil ich politisch in Ordnung
bin . . . weil ich alle Tricks kenne . . . weil mir keiner was vormacht . . . Hildegard!“
Flirt-Fehler Nummer 10
Er spürt, dass er bei ihr nicht ankommt. Diese Angst vor Zurückweisung kennt jeder von
uns, doch nun schlägt seine Stimmung um in pure Verzweiflung: „Ja, aber dann sagen Siedoch was!
Sagen Sie mir ruhig, dass Ihnen meine Nase nicht passt . . . aber sagen Sie
irgendwas!“ Schließlich legt er sich auch noch mit dem Kellner an.
Übrigens hat Rainer Stollmann in dem bereits erwähnten Interview die Doppeldeutigkeit
von Loriots „Ach“ und „Ach was“ so interpretiert: „Es drückt Verblüffung aus, und
Verblüffung gehört immer zum Lachen. Außerdem sieht man Loriot an, dass er nicht nur
verblüfft ist, sondern diese Verblüffung gleichzeitig vermeiden will.“ Denn seine Figuren
seien vor allem eines, höflich.
Ich für mich glaube, das ist einerseits ein Ausruf des Erstaunens, andererseits
kommentiert er etwas, was eigentlich klar sein dürfte, wir hätten also selbst drauf
kommen können.


Ein Beispiel gefällig?
Peter M. Senge schreibt in seinem Buch „Die fünfte Disziplin: „Ein Fehler ist ein Ereignis,
dessen großer Nutzen sich noch nicht zu Deinem Vorteil ausgewirkt hat.“
Gerade weil Loriot die Situation zur Groteske verdichtet hat, können wir davon lernen.
„Ach.“
Aber dabei bitte das Lachen nicht vergessen.
„Ach was.“

Der Gastautor dieses Beitrags leitet eine Unternehmensberatung zu Mitarbeitermotivation, Zielsetzung und Führung.

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